Mit Stimmgewalt gegen Hass und Krieg

Mit Stimmgewalt gegen Hass und Krieg

Buchen / Neckargerach. Unter dem Motto „Zwischen Krieg und Frieden“ standen am vergangenen Wochenende zwei Gottesdienste in Buchen und Neckargerach. Die Klangvielfalt des Chors „Maranatha“ und die thematische Auseinandersetzung von Jugendlichen aus Buchen zu diesem Thema sowie eine von Schülern gestaltete Fotoausstellung, machten sie zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.

Das Ende des Ersten Weltkrieges vor genau 100 Jahren, der ganz Europa mit Tod und unendlichem Leid überzog, nahm „Maranatha“ in diesem Herbst zum Anlass, sich über die Musik mit dem Thema Krieg und Frieden auseinanderzusetzen. So fand, neben den gewohnten neuen geistlichen Liedern, das „RoQuiem“ des britischen Komponisten Paul Barker den Einzug in das Repertoire des stimmgewaltigen Chores, der die traditionellen Texte der Totenmesse beeindruckend mit den Klangwelten einer Rockband verbindet.

Zu Beginn des Gottesdienstes erscheint die Welt noch wunderbar friedlich und ein kleines Mädchen hört sich lächelnd das Kinderlied Frère Jacques auf seiner Spieluhr an, bis der betörende Lärm von Schüssen und Kanonendonner über das Schlagzeug den scheinbar sicheren Frieden durch Krieg jäh beendet. Diesen totbringenden Lärm beantwortet der Chor mit dem traditionellen „Kyrie“, in dem die ewige Ruhe und das Erbarmen Gottes für all die Verstorbenen erfleht wird. Mit viel Einfühlungsvermögen führen die Chorleiter Jochen Schwab und Johannes Brennfleck abwechselnd ihren Chor und Band, die mit Streichern, Blechbläsern und E-Gitarre in diesem Herbst nahezu auf Orchesterstärke angewachsen ist.

Auch Kaplan Julian Donner gedenkt in seiner Gottesdiensteröffnung dem Ende des Weltkrieges und mahnt die Kriege und Krisen auf der ganzen Welt an, in deren Folge Flüchtlingsströme nun den Frieden hier und anderswo zu stören scheinen. So spannt sich letztendlich der Bogen „Zwischen Krieg und Frieden“.

Jochen Schwab schrieb die Musik zum „Trostlied am Abend“ beim Zwischengesang des Chores. Er vertonte damit den Text von Jochen Klepper, der als Theologe, Journalist und Dichter wunderbare Texte hervorbrachte und sich aus Verzweiflung über die bevorstehende Deportation zusammen mit seiner jüdischen Frau und deren Tochter 1942 das Leben nahm.

Schon in der Lesung von Gemeindeassistentin Birgit Allabar und im Evangelium ging es um die Friedensstifter, denn sie werden Kinder Gottes genannt. Sie hatte sich gemeinsam mit Kaplan Donner und jungen Menschen mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Sie setzten an Stelle der Predigt vielen gängigen Klischees gegenüber den Flüchtlingen, infolge der Kriege und Krisen weltweit, Fakten gegenüber und mahnten letztendlich an den fehlenden Frieden an vielen Orten und in vielen Herzen der Menschen.

Maranatha“ folgte dem Aufruf über das Lied „Nie mehr“ von Gregor Linßen. Mehr als 100 Stimmen mit der wunderbaren Klangvielfalt der Musiker forderten auf: „Nie mehr wollen wir Hass im Herzen spürn. Nie mehr werden wir Angst im Schilde führn. Nie mehr wird die Liebe uns verloren gehen. Nie mehr, nie mehr“.

In den Fürbitten trugen die Jugendlichen ihre Wünsche nach Frieden vor und zündeten Kerzen an. Diesen Wunsch und eine unter die Haut gehende Stimmung wusste auch Maranatha weiterhin musikalisch beeindruckend fortzusetzen. Einem rockig, mitreisenden „Sanctus“ aus der Totenmesse folgt das „Benedictus“. Dem wunderbaren einfühlsamen Klang der Frauenstimmen folgte die kräftige Ergänzung von Bass und Tenor und vervollkommneten das Werk von Paul Barker. Dem „Agnus Dei“ folgte die Aufforderung „Stay with me“ zur Kommunion und damit der Bitte bei uns zu bleiben und uns zu beschützen. Mit einem weiteren Stück aus der Feder von Gregor Linßen „Wo beginnt der Weg zu dir“ gab der Chor zu verstehen, dass sein Reichen schon hier auf Erden beginnt.

Am Ende dankte Kaplan Julian Donner in Neckargerach wie in Buchen allen „Akteuren“, welche die beiden Gottesdienste zu einem mahnenden aber ebenso nachdenklichen und beeindruckenden Erlebnis werden ließen. Auch wenn der Erste Weltkrieg vor 100 Jahren endete, hat sich die Hoffnung auf dauerhaften Frieden bis heute nicht erfüllt, so Kaplan Donner.

Mit „In Paradisum“, der musikalischen Begleitung ins Paradies, setzte „Maranatha“ einen weiteren sängerischen wie musikalischen Höhepunkt und die Gottesdienstbesucher drückten mit einem nicht enden wollenden Applaus sowohl in Neckargerach als in Buchen die Forderung nach Zugabe aber auch ihre Dankbarkeit aus, insbesondere den Chorleitern Jochen Schwab und Johannes Brennfleck, die mit ihrem Sängerinnen und Sängern aus der ganzen Region rund um Buchen und den Musikern seit mehr als 27 Jahren ihren Glauben musikalisch verkünden. we

Fotos: Wolfgang Weniger

 

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